Die Rückentwicklung der kath. Volkskirche
Die beiden Großkirchen befinden sich in einer Krise, die mit einem dramatischen Rückgang ihrer Mitgliedszahlen verbunden ist. Daher sehen sie sich zu radikalen Kürzungsmaßnahmen ihrer Aktivitäten und Institutionen veranlasst. Der Essener Bischof Genn verkündet gat seit Beginn der Strukturreform in seinem Bistum seit 2005 das Ende der Volkskirche und redet lieber von einer kleinen "Kirche im Volk", allerdings ohne bisher überzeugend zu erklären, wie diese aussehen soll.
Dieser Rückgang ist nun am Beispiel der zum Bistum Essen gehörigen Stadt Oberhausen genauer erforscht.
2004 lebten in Oberhausen 42% Katholiken und 28% Protestanten bei einer Gesamtzahl von 219.147 Einwohnern. Im Vergleich zu den Anteilen der beiden christlichen Konfessionen 10 Jahre zuvor ist der Anteil der Protestanten um 12,3% und bei den Katholiken um 12,9% gesunken. Ursachen sind in erster Linie ein Sterbeüberschuss, aber auch Wegzug ins Umland, Kirchenaustritte und eine abnehmende Geburten- und Taufquote. Dieses Schrumpfen hat zur Folge, dass die christlichen Kirchen überaltern. Von den Elternpaaren Neugeborener waren 2004 noch 47,2% beide Christen, ein Rückgang um 8,3% gegenüber 1994. Ensprechend sinkt auch das Reservoir Nachgeborener, die getauft werden können, obwohl die Taufqoute mit 89% im Bistum Essen noch relativ hoch liegt.
Die Erosion des Christentums in der Stadt zeigt sich besonders deutlich am Rückgang kirchlicher Trauungen in ihrem Anteil an den zivilen Trauungen. So heirateten 2004 von 254 Paaren, in denen beide Paare katholisch waren, 60 kirchlich, obwohl beide 149 kein Partner geschieden war und eine katholische Trauung somit möglich war. Bei den Protestanten heirateten von 124 rein evangelischen Paaren 53 kirchlich. Hohen Zuspruch erfahren dagegen immer noch die Initiationsriten Kommunion und Konfirmation. Die katholische Firmung dagegen ist 2001 auf 42% der katholischen Jugendlichen gesunken.
Etwas positiver sieht die Situation auf, wenn man auf die subjektive Einschätzung der Kirchen durch die Oberhausener Bürgerinnen und Bürger schaut. Im Jahr 2000 fanden 93%, auch noch 68% der Konfessionslosen, gut, dass es Kirche gibt. Doch auf ihre persönlichen Lebensfragen haben die Kirchen für 69% keine Antwort, und selbst bei den regelmäßigen Kirchgängern sind es 43%. Und von den Kirchenmitgliedern teilen nur 31% die meisten der verkündeten Glaubensüberzeugungen, selbst bei den regelmäßigen Kirchgängern 33% nicht. Gebraucht wird Kirche mit Abstand am meisten für die Gestaltung von Festen (59% der Kirchenmitglieder). Das ist aber ein dünnes Bindeglied, da zunehmend weltliche Einrichtungen eine feierliche Gestaltung von Festen an Lebenswendepunkten anbieten, wie am deutlichsten an feierlichen Ziviltrauungen in Schlössern sichtbar wird. So wird, wenn der Trend sich nicht ändert, die christliche Mehrheitsgesellschaft in Oberhausen langfristig in Frage gestellt. [2]
Im südlichen Stadtgebiet Oberhausens gehörten ursprünglich die Ortschaften Lirich und Lippern (Lipperheide) zum Reichsstift Essen (Borbeck) und damit zum Erzbistum Köln; denn die Fürstäbtissin von Essen ließ ihre Orte durch einen vom Kölner Erzbischof investierten Offizial verwalten. Pfarramtlich wurden sie von der Petrikirche in Mülheim an der Ruhr aus versorgt. Ab 1821 gehörten alle katholischen Kirchengemeinden südlich der Emscher zum Erzbistum Köln. 1857 entstand die erste katholische Kirche im Gebiet der späteren Stadt Oberhausen, die St. Marien-Kirche, die 1888 zur Pfarrkirche innerhalb des Erzbistums Köln erhoben wurde. Die Kirchengemeinden nördlich der Emscher gehörten zum Bistum Münster und ab 1904 zum Dekanat Ruhrort. 1910 wurde Sterkrade Sitz eines eigenen Dekanats. Osterfeld hatte bereits um 1000 eine Kirche.
1958 wurden alle katholischen Pfarrgemeinden Oberhausens dem neuen Ruhr-Bistum Essen zugeordnet. 1960 fasste der erste Bischof von Essen alle Oberhausener Kirchengemeinden zum Stadtdekanat Oberhausen zusammen, zunächst mit den drei Dekanaten Alt-Oberhausen, Sterkrade und Osterfeld. Mit der Zusammenlegung der Dekanate Sterkrade und Osterfeld zum Dekanat Oberhausen-Sterkrade-Osterfeld existieren seit 2003 nurmehr zwei Dekanate.
In Oberhausen gibt es bisher 27 katholische Kirchen. Ab Mitte 2007 wird die Strukturreform im Bistum Essen die Zahl der Pfarreien auf die vier Großpfarreien St. Marien und Herz Jesu in Alt-Oberhausen, St. Pankratius in Osterfeld und St. Clemens in Sterkrade reduzieren. Die übrigen werden zu Filialkirchen (Zweigstellen) herabgestuft oder aufgegeben. Die bisherigen Dekanate werden in einem Stadtdekanat zusammengefasst.
Literatur
Vera Bücker: Niedergang der Volkskirchen - was kommt danach? Kirchlichkeit und Image der Kirchen in einer Ruhrgebietsstadt, Münster 2005